Human in the Loop HitL
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Human-in-the-Loop: Der Mensch als Haftungsknecht künstlicher Intelligenz

Es klingt vernünftig, fast schon beruhigend: Ein Mensch kontrolliert die Maschine.
Human in the Loop (HiTL) verspricht, was wir alle hören wollen: KI erledigt die Arbeit aber am Ende entscheidet noch immer der Mensch.

Das beruhigt die Skeptiker und befriedigt den Gesetzgeber. Aber ist es ein umsetzbares Konzept oder beschwichtigen wir damit nur unser Gewissen?

Die Kehrseite des Human-in-the-Loop: Der Mensch als Haftungsknecht künstlicher Intelligenz

Wenn die Entscheidungswege neuronaler Netze selbst für Experten kaum noch nachvollziehbar sind, wird der Mensch zum Feigenblatt, zur Marionette, die per Mausklick die Verantwortung für Entscheidungen übernimmt, die sie weder versteht noch beeinflussen kann:

Die KI wird zur Black Box mit menschlichem Siegel

Je besser die KI wird, desto blinder werden wir für ihre Fehler. Denn Menschen vertrauen automatisierten Systemen mehr als ihrem eigenen Urteil, das zeigt die Forschung.
Verschärft wird die Situation durch ein fundamentales Problem von KI-Systemen: ihre Intransparenz. Selbst Experten können bei komplexen KI-Systemen oft nicht nachvollziehen, wie Entscheidungen zustande kamen. Und dennoch soll der Mensch im Loop diese verantworten?

Meaningful-Human-Control-Dilemma

Dafür wurde das Konzept der „Meaningful Human Control“ entwickelt: Der Mensch soll nur dann verantwortlich gemacht werden, wenn die Umstände eine echte Kontrolle ermöglichen: Sie müssen KI-Entscheidungen verstehen, ausreichend Zeit für die Prüfung und die Macht zur vollständigen Revision haben und keine Zwänge, Algorithmus-Empfehlungen zu folgen.
Wie viele Unternehmen erfüllen diese Kriterien? Wann wird den digitalen Empfehlungen widersprochen, wenn Effizienz und Geschwindigkeit oberstes Gebot sind? Wahrscheinlich eher selten, es droht die

Degradierung zur Formalie:

HiTL läuft Gefahr, zur bloßen Compliance-Maßnahme verkommen: Man erfüllt regulatorische Anforderungen, indem man Menschen einbindet – nicht weil man ihre Expertise braucht, sondern weil das Gesetz es verlangt. Diese Menschen werden nicht befähigt, sie werden instrumentalisiert.

Was nun? Ein Plädoyer für ehrliche Verantwortung

HiTL ist nicht das Problem, aber die Instrumentalisierung ist es.
Das Konzept kann funktionieren, aber nur unter Bedingungen:

Ehrlichkeit statt Feigenblätter
Befähigung statt Delegation
Prozess-Realismus statt Wunschdenken
Kein Compliance-Theater

Bleibt die Frage nach einer realistischen Kontrolle.

Das HiTL-Prinzip ist nicht verhandelbar. Aber es birgt die Gefahr, zur juristischen Fassade zu verkommen: formal vorhanden aber praktisch wirkungslos.

Die entscheidende Frage ist nicht, ob wir Menschen in KI-Prozesse einbinden, sondern: Haben diese Menschen echte Kontrolle oder sind sie nur Haftungsknechte mit schicken Jobtiteln?

Solange wir diese Frage nicht ehrlich beantworten, bleibt der Human in the Loop ein menschlicher Blitzableiter für algorithmische Fehlentscheidungen. Ein Schuldiger auf Abruf. Ein Haftungsknecht.


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